Benoit Mandelbrot



Gaston Maurice Julia




Benoit Mandelbrot

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"Wolken sind keine Kugeln, Berge keine Kegel, Küstenlinien keine Kreise, und Rinde ist nicht glatt, noch zuckt ein Blitz in einer geraden Linie."

-- Benoit B. Mandelbrot, Die Fraktalgeometrie in der Natur ,1983


Benoit Mandelbrot ist zu großen Teilen für das heutige Interesse an der fraktalen Geometrie verantwortlich. Er zeigte, daß Fraktale vielerorts auftreten können - sowohl in der Mathematik als auch in der Natur.

Mandelbrot wurde 1924 in Polen geboren. In seiner Familie gab es viele Akademiker. Seine Mutter war Ärztin, während sein Vater Geld mit dem Kauf und Verkauf von Kleidern verdiente. Schon in Mandelbrots Jugend brachten seine beiden Onkel ihm die Mathematik nahe.

1936 wanderte Mandelbrots Familie nach Frankreich aus und sein Onkel Szolem Mandelbrojt, der Professor für Mathematik am Collège de France und der Nachfolger von Hadamard war, nahm seine Erziehung in die Hand. Der Einfluß von Szolem Mandelbrojt auf Bennoit Mandelbrot kann sowohl als positiv als auch als negativ betrachtet werden, da dieser ein großer Bewunderer von Hardy und Hardys Philosophie der Mathematik war. Dies führte zu einer Abneigung Mandelbrots gegen reine Mathematik, obwohl er mittlerweile versteht, wie ihm Hardy's tiefliegender Pazifismus Angst vor angewandter Mathematik in den falschen Händen und zu Kriegszeiten gemacht hat.

Mandelbrot besuchte das Lycée Rolin in Paris bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges. Dann zog er mit seiner Familie nach Tulle in Zentralfrankreich. Dies war eine Zeit außerordentlicher Schwierigkeiten für Mandelbrot, der aus vielen Gründen um sein Leben fürchten mußte. Unter [3] dem Einfluß dieser Jahre wurde seine akademische Erziehung vermehrt gefördert:

Der Krieg, die andauernde Armut und die Notwendigkeit zu überleben hielten ihn von Schule und College fern und obwohl er seine Lehrer an der weiterführenden Schule als sehr gut empfand, lernte er größtenteils autodidaktisch.
Mandelbrot verdankt seiner Meinung nach seinen Erfolg zu einem großen Teil seiner unkonventionellen Erziehung. Diese Art der Bildung erlaubte ihm, in Bahnen zu denken, die nur schwer von jemanden nachzuvollziehen sind, der eine konventionelle Erziehung genossen hat und durch diese in festen und standartisierten Bahnen denkt. Es war ihm so auch möglich, sich auf einem sehr geometrischen Wege der Mathematik zu nähern. Und eben diese geometrische Intuition und Vision gestatteten ihm einzigartige Einblicke in mathematische Probleme.

Nachdem Mandelbrot in Lyon studiert hatte, besuchte er die Ecole Normale in Paris. Seine Studienzeit dort zält wohl zu den kürzesten überhaupt. Er verließ die Schule nach nur einem Tag. Nach einer sehr erfolgreichen Aufnahmeprüfung an der Ecole Polytechnique begann Mandelbrot 1944 seine Studien dort. Sein dortiger Lehrer war Paul Lévy, der Mandelbrot ebenfalls wesentlich prägte.

Nach dem Abschluß seiner Studien an der Ecole Polytechnique ging Mandelbrot in die Vereinigten Staaten, wo er das California Institute of Technology besuchte. Von dort aus ging er an das Institute for Advanced Study in Princeton, wo er ein Stipendium von John von Neumann erhielt.

1955 ging Mandelbrot nach Frankreich zurück und arbeitet am Centre National de la Recherche Scientific. Er heiratete Ailette Kagan, blieb jedoch nicht sehr lange in Frankreich, sondern ging wieder in die USA. Der Grund für seine Unzufriedenheit mit der Art der Mathematik dieser Zeit in Frankreich war Clark [3]:

Während sich Mandelbrot immer noch mit den eher exotischen Formen von statistischer Mechanik und mathematischer Linguistik beschäftigte und voller kreativer und nicht dem Standart entsprechenden Ideen steckte, mußte er feststellen, daß die französiche Foundational School von Bourbaki nicht seinem wissenschaftlichen Geschmack entsprach. So verließ er 1958 Frankreich endgültig und wanderte permanent nach Amerika aus. Hier begann seine lange und ertragreiche Zusammenarbeit mit IBM als "Research Fellow" und "Research Professor" in den weltbekannten Laboren in Yorktown Heights in New York State.
Bei IBM fand Mandelbrot ein Umfeld vor, das es ihm ermöglichte einer großen Vielfalt von unterschiedlichen Ideen nachzugehen. Er selbst sprach davon, daß ihm bei IBM die Möglichkeit gegeben wurde, endlich die Richtung in seiner Forschung einzuschlagen, die er wollte, was ihm kein Universitätsposten jemals erlaubt hätte.

1945 brachte Mandelbrots Onkel ihn in Kontakt mit Julias wohl wichtigster Schrift von 1918 und betonte, daß dies ein Meisterwerk und eine potentielle Quelle interessanter Probleme sei. Mandelbrot mochte die Schrift jedoch nicht. Er reagierte recht heftig auf solche Versuche seines Onkels, ihn zu beeinflussen, hatte er doch den Eindruck, seine Einstellung zur Mathematik unterscheide sich grundlegend von der seines Onkels. Stattdessen ging Mandelbrot seinen eigenen Weg, den man als sehr ungewöhnlichen, individuell oder nomadisch beschreiben könnte, der ihn über viele Wissenschaften in den 1970er Jahren doch wieder zu Julias Thesen brachte. In der Tat war Mandelbrots Entscheidung, sich in seinem jungen Alter vielen verschiedenen Zweigen und Branchen der Wissenschaft zu widmen, eine sehr befreiende. Es ist bemerkenswert, daß Mandelbrot in der Lage war, seine Begabung in so vielen Gebieten mit Erfolg einzusetzen.

Mit der Hilfe von Computergraphiken war Mandelbrot, der zu dieser Zeit bei IBM im Watson Research Center arbeitete, in der Lage zu zeigen, daß Julias Arbeit der Ursprung einiger der schönsten Fraktale ist, die man heute kennt. Um dies zu zeigen, mußte er nicht nur neue mathematische Ideen und Vorstellungen entwickeln, sondern auch einige der ersten Computerprogramme entwickeln, mit denen man Graphiken drucken kann.

Die Mandelbrotmenge ist eine zusammenhängende Menge von Punkten in der complexen Ebene. Man wählt einen Punkt Z0 in der komplexen Ebene.

Berechnung:
Z1 = Z02 + Z0
Z2 = Z12 + Z0
Z3 = Z22 + Z0
. . .
Wenn die Folge Z0, Z1, Z2, Z3, ... in einem Radius von 2 vom Ursprung bleibt, dann sagt man, daß der Punkt Z0 in der Mandelbrotmenge liegt. Divergiert die Folge dagegen, dann liegt der Punkt nicht in der Menge.

Mandelbrots Arbeit wurde erstmals 1975 in seinem Buch Les objets fractals, forn, hasard et dimension veröffentlicht und 1982 umfassender in The fractal geometry of nature.

Am 23 June 1999 verlieh die University of St Andrews Mandelbrot den Honorary Degree of Doctor of Science. Auf der Feierlichkeit hielt Peter Clark eine Rede [3], in der er Mandelbrots Werke und Erfolge herausstellte. Ein Auszug daraus:

... am Ende eines Jahrhunderts, an dem man die Vorstellung von menschlichem Fortschritt intellektuell, politisch und moralisch bestenfalls als unklar und zweifelhaft bezeichenen kann, gibt es letztendlich nur ein Gebiet menschlichen Schaffens, auf dem die Idee und der Erfolg von wahrem Fortschritt unzweideutig und klar sind. Das ist die Mathematik. 1900 hielt David Hilbert vor dem Internationalen Kongress der Mathematik in Paris eine berühmte Rede und zählte 25 offene Probleme von herausstechender Signifikanz auf. Vieler dieser Probleme sind definitiv gelöst, oder es wurde gezeigt, daß sie unlösbar sind, rezent in der Mitte der 90er Jahre darin gipfelnd, wie wir alle wissen, daß das letzte von Fermats Theoremen bewiesen wurde. Das erste von Hilberts Problemen betreffen eine Vielzahl von Themen über die Natur der Unendlichkeit oder der reellen Geraden, ein Hauptanliegen der Analysis des 19ten und auch des 20ten Jahrhunderts. Das Problem war geometrischer und arithmetischer Natur; geometrisch, da es sich mit der Linie beschäftigt, dergestalt, daß diese aus Punkten aufgebaut ist; arithmetisch, da es sich mit der Theorie der reellen Zahlen befaßt. Die Vereinigung dieser beiden Gebiete war eine der herausragenden Leistungen von Richard Dedekind und George Cantor, wobei wir [St Andrews University] intelligent genug waren, den zweitgenannten 1911 zu ehren.

In diesem Erfolg liegen nun sicherlich viele außergewönliche geometrische Objekte verborgen. In ihrer Zeit erschienen sie allen fremd, sogar als pathologische Monster. Seltsam waren sie tatsächlich, es waren Kurven - eindimensionale Linien "in effect" - die zweidimensionale Räume füllten, es ergaben sich gutartige Kurven, was zwar gut und fortsetzbar war, aber die Punkte ohne "slope" hatten (nicht nur an einigen Punkten, sondern an allen) und sie hatten seltsame Namen, die "Peano Space filling curve", das "Sierpinski gasket", die "Koch Kurve", die "Cantor Ternary Menge". Trotz ihrer pathologischen Eigenschaften, ihrer außergewönlichen Komplexität, besonders, wenn man sie mehr und mehr im Detail betrachtete, waren sie oft sehr einfach zu beschreiben, in dem Sinne, daß die Vorschriften die sie generierten einfach zu statisch zu waren. So seltsam waren diese Objekte, daß Mathematiker diese Monster für zu merkwürdig befunden, um interessant zu sein. Das war der Fall, bis unser ehrenhafter Graduand aus ihnen eine vollkommen neue Wissenschaft machte, die Theorie der fraktalen Geometrie: es waren seine Einsicht und seine Vision, die ihm Einblicke in solche Objekte und in so viele neue gab, die er entdeckte, einige davon tragen seinen Namen, nicht mathematische Kusiositäten, aber Wegweiser für ein neues mathematisches Universum, eine neue Geometrie mit ebensolchem System und Allgemeingültigkeit wie der von Euklid und eine neue physikalische Wissenschaft.

Mandelbrot war sowohl ein Mitarbeiter von IBM im Watson Research Center als auch Professor der praktischen Mathematik der Harvard University. Er hielt auch Vorträge der Ingeneurswissenschaften in Yale, als Professor der Mathematik an der Ecole Polytechnique, als Professor der Ökonomie in Harvard, und als Professor der Physiologie am Einstein College für Medizin. Mandelbrots Exkursionen in so viele unterschiedliche Bereiche der Wissenschaften waren, wie wir bereits erwähnt haben, kein Unfall, sondern eine sehr befreiende Erfahrung. Dies war es auf jeden Fall, was Fraktalen den Zugang zu vielen Gebieten öffnete [3]:

Ich sollte nicht ... den Eindruck erwecken, daß wir hier vor uns nur einen Mathematiker haben. Lassen Sie mich dies näher erläutern. Der erste von seinen großen Einblicken war die Entdeckung, daß diese außergewöhnlich komplexen, fast pathologischen Strukturen, die so lange ignoriert wurden, bestimmte universelle Eigenschaften beeinhalteten und eine neue Theorie über die Dimension erfordern, um sie adäquat zu behandeln, was ihm durch eine Generalisierung früher Werke von Hausdorff und Besicovitch gelang. Aber der zweite große Einblick war, daß er bei den Fraktalen Eigenschaften entdeckte, die generell für das sorgten, was fast allgegenwärtig in der Natur war. Was er fand, war, daß das überwältigende Glattheitsparadigma, mit dem die mathematische Physik versucht hatte, die Natur zu beschreiben, radikal mangelhaft und unkomplett war. Fraktale und Pre-Fraktale wurden überall gefunden. Sie traten in der Physik bei der Beschreibung von extrem komplexen Ereignissen einfacher physikalischer Systeme auf, wie etwa dem physikalischen Pendel und bei komplexen Turbulenzen und Phasenveränderungen. Sie traten bei dem auf, was man heute als chaotische Systeme kennt und in der Wirtschaft bei dem Verhalten von Preisen und, wie Poincaré es vermutet, aber nie bewiesen hatte, beim Verhalten der Börse oder unserem eigenen Stock Exchange in London. Auch fand man sie in der Physiologie vom Wachstum mammalischer Zellen. Glauben Sie es, oder nicht ... auch in Gärten fand man sie. Bei genauer Betrachtung fallen einem die Unterschiede zwischen den Blüten von Brockoli und Blumenkohl auf, ein Unterschied, der in der fraktalen Geometrie exakt beschrieben werden kann.

Mandelbrot hat viele Ehrenauszeichnungen und Preise in Anerkennung seiner hervorrageneden Leistungen erhalten. Beispielsweise wurde er 1985 für die 'Barnard Medal for Meritorious Service to Science' vorgeschlagen. Im folgenden Jahr erhielt er die "Franklin Medal". 1987 wurde mit dem Alexander von Humboldt-Preis geehrt, erhielt die "Steinmetz Medal" 1988 und viele weitere Auszeichnungen, wie auch die Nevada Medal 1991 und den Wolf-Preisprize für Physik 1993.

Artikel von: J. J. O'Connor und E. F. Robertson
übersetzt von M. Hohenner





Gaston Maurice Julia

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Gaston Julia war einer der Vorväter der Theorie des modernen dynamischen Systems und ist bekannt geworden durch das, was wir heute die Juliamenge nennen.

Als er 25 war veröffentlichte er sein 199-seitiges Meisterstück Mémoire sur l'iteration des fonctions rationelles, welches ihn in den mathematischen Hochburgen seiner Zeit berühmt machte.

Als Soldat im ersten Weltkrieg wurde Julia bei einer Attacke an der französischen Front stark verwundet. Auf beiden Seiten gab es viele Verluste, Julia verlor seine Nase und mußte von da an für den Rest seines Lebens einen Lederriemen über sein Gesicht tragen. Zwischen den vielen schmerzhaften Operationen führte er im Krankenhaus seine mathematischen Forschungen fort.

Später wurde er ein bekannter Professor an der École Polytechnique in Paris.

1918 erschien sein Mémoire sur l'itération des fonctions rationnelles welches die Iteration einer rationalen Funktion f betraf. Julia hat eine präzise Beschreibung über die Funktion J(f), bei der z in C, für welches der n-te Iterat f^n(z) gleich bleibt, während n gegen unendlich strebt, abgegeben. Es gewann den Grand Prix der l'Académie des Sciences.
1925 wurden in Berlin Seminare organisiert um seine Arbeit zu studieren mit Teilnehmern wie Brauer, Hopf und Reidemeister. H. Cremer schrieb einen Aufsatz über seine Arbeit und beschrieb die erste Visualisierung einer Juliamenge.

Obwohl er in den 1920ern berühmt war, wurde seine Arbeit schnell in wesentlichen Teilen vergessen bis Benoit Mandelbrot sie 1970 durch seine fundamentalen Computerexperimente wieder ins Licht rückte.





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